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barbarische Symphonie

Wie im Kriminalroman – einem Genre, an das dieses Schreibprojekt an vielen Stellen erinnern wird – steht am Anfang des Romans eine Vermisstenanzeige und die Ermittlung, die durch sie in Gang gesetzt wird. Wir werden einen ermittelnden Anthropologen kennenlernen, der die Polizei und die Gerichte berät, außerdem einen jungen Dichter, der an der an der Schaffung, Förderung und Entfaltung einer literarischen Strömung – dem „Pararealismus“ – arbeitet, sowie einen Schriftsteller, der zwar im Exil gestorben sein soll, aber dessen Rückkehr nur mit Achselzucken quittiert wird, und eine ehemalige Architektin, die nun als Geisterbeschwörerin wirkt … Das zentrale Thema des Romans ist der Spuk: die Nachbeben der Vergangenheit, die in die Gegenwart einbricht, die Beharrlichkeiten, die den Eindruck entstehen lassen, dass die Geschichte sich wiederholt. Nicht alle Stimmen in einer Geschichte können erhört werden. Manche Stimmen nehmen eine unterschwellige, geisterhafte Form an. Wie bei der fossilen Strahlung aus der Astrophysik handelt es sich um Stimmen, deren Echo die Gegenwart heimsucht, manchmal in fragmentierter Form: Stimmfetzen, die gleichzeitig Indizien sind, anhand derer eine Geschichte rekonstruiert werden kann, von der man hofft, dass sie zu einem Geständnis führt – dass sie zu einem Spiegel wird, in dem der Schuldige gezwungen ist, sein Gesicht wiederzuerkennen. Der Roman spielt in einem Land, das den Beinamen „Westafrikanisches Nordkorea“ trägt, in einer animistischen Kultur, in der das Abstrakte und das Konkrete, das Imaginäre und das Reale im Kontinuum einer schwebenden Welt miteinander verschmelzen.

KOSSI EFOUI
CURRICULUM VITAE

Kossi Efoui wurde 1962 in Togo geboren. Seit 1990 lebt und schreibt er in Frankreich. Seine Romane sind bei Éditions du Seuil erschienen, seine Theaterstücke bei Lansman. Neben seiner schriftstellerischen Tätigkeit gibt er Workshops. Häufig arbeitet er im universitären Bereich, aber auch für Vereine in Stadtrandgebieten, in Krankhäusern oder in Gefängnissen. Die Besonderheit seiner Arbeit für das Theater besteht darin, dass er das Schreiben an der Schnittstelle zwischen textuellen und plastischen Werkzeugen ansiedelt, indem er die Wörter, über ihren narrativen Inhalt hinaus, auch als Materialien einsetzt. Auf diese Weise vermischt sein Schreiben Textualität, Materialität und Musikalität, und verhandelt so philosophische, politische und anthropologische Themen. In seiner über 20-jährigen Arbeit mit der Compagnie Théâtre Inutile hat er mit bildenden Künstlern und Bühnenprofis zusammengearbeitet und war als Regisseur, Schauspieler, Kostümbildner, Lichtgestalter und Komponist tätig. Die plastische Dimension seines Schreibens deckt sich mit einem seiner zentralen Anliegen: dem des Körpers und seiner Darstellungen in der postmodernen Gesellschaft.