Mein Projekt setzt sich mit Verbrechen gegen die Menschlichkeit als eine Form der Gewalt auseinander, die trotz ihrer Irreparabilität repariert werden muss, um nicht in der schmerzlichen Erinnerung an sie zu verharren. Meine Überlegungen werden sich auf zwei verschiedenen Ebenen entwickeln, die jedoch eng miteinander verflochten sind. Zunächst werde ich mich der Frage der Reparation in einer theoretischen Reflexion nähern, die sich aus der Analyse der Geschichte – Genozide, Verbrechen gegen die Menschlichkeit – und aus der Interpretation von literarischen Werken und Zeugenberichten, die von diesen Katastrophen erzählen, zusammensetzen wird. Die Werke, auf die ich meine Analyse gründen werde, schaffen es, die Erinnerung nicht in ihrer Einzigartigkeit einzuschließen und stattdessen in einen größeren, rettenden Zusammenhang zu stellen. Auf einer zweiten Ebene werde ich meine theoretischen Reflexionen mit einem praktischen Versuch der Reparation verknüpfen. Ich verstehe meinen Text als Raum der symbolischen Reparation an dem Fall der im Juni 1994 in Bisesero in Ruanda verübten Massaker und der Straffreiheit, die jede Form der politisch-juristischen Reparation verhindert, die den Genozid und die Komplizenschaft der französischen Armee und des französischen Staates bei den begangenen Verbrechen adressieren könnte. Meine individuelle Erfahrung – die eines implizierten Subjekts (Rothberg), das sich aus einer Reihe von Engagements und Denkobjekten zusammensetzt – werde ich in Form eines Essays und durch die konkrete Praxis einer Suche nach einer Art symbolischer Gerechtigkeit reflektieren (insbesondere durch Kunst und Wissenschaft, und die Kunst der forensischen Wissenschaft und das Sammeln von Zeugenberichten).
DR. AURÉLIA KALISKY
CURRICULUM VITAE
Aurélia Kalisky ist eine französische Wissenschaftlerin im Bereich der Komparatistik. Sie hat über einen langen Zeitraum in Berlin am Leibniz-Zentrum für Literatur- und Kulturforschung und am Centre Marc Bloch gearbeitet, wo sie an DFG-Projekten zur Kulturgeschichte der Zeugenschaft, zur wissenschaftlichen Praxis und zu den Schreibweisen jüdischer Intellektueller nach der Shoah mitwirkte. Sie war Gastwissenschaftlerin in zahlreichen Einrichtungen in Europa, wie dem NIOD Institute for War, Holocaust and Genocide Studies in Amsterdam, dem Wiener Wiesenthal Institut für Holocaust-Studien (VWI) oder dem Moses Mendelssohn Zentrum für europäisch-jüdische Studien in Potsdam (MMZ). Ihre Arbeit befasst sich mit Werken, die Zeugnis von historischen Katastrophen im Zusammenhang mit extremer politischer Gewalt ablegen, sowie mit den Formen der Erinnerung und mit der Geschichtsschreibung, die aus solchen Kontexten hervorgegangen sind. Sie setzt sich dafür ein, die wissenschaftliche Forschung mit einer Form des öffentlichen Engagements zu verbinden, insbesondere durch ihre Teilnahme an Untersuchungsausschüssen zur Komplizenschaft des französischen Staates in Ruanda und durch die Organisation einer Ausstellung in diesem Jahr in Österreich, die sich mit den Erfahrungen von Kindern während und nach dem Genozid an den Tutsi befasst.
