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Looking Beyond

Ntoto Yo- Ke Yidika ist ein Teil eines Sprichworts aus der Kikongo-Sprache, der so viel bedeutet wie „die Erde kann reparieren“ – und damit die Erde als Ursprung allen Lebens meint und ihre Fähigkeit, alles Leben zu reparieren. Auf einer zweiten Ebene verweist Ntoto auf die Bildhauerei und darauf, dass auch die Kunst die Fähigkeit zur Reparation besitzt. Das Projekt von Géraldine Tobe baut insbesondere auf zwei Grundsteinen auf: die Kunst und der Dialog als Werkzeuge, die eine wichtige Rolle im Prozess der Reparation spielen. Dabei geht die Künstlerin von den Rissen der Vergangenheit aus (die Kriegs- und Kolonialgeschichte), von den Empfindungen und Verletzungen. In dem Bewusstsein um die sehr späte Aufarbeitung dieser Geschichte möchte die Künstlerin versuchen, einen positiven Beitrag zu leisten, um einen echten Prozess der Reparation anzustoßen. Das Projekt wird außerdem von einem Gedanken aus den Bantu-Sprachen getragen – KUFUA KUVUA, was wörtlich übersetzt „Sterben, um wiederzukommen“ bedeutet: Das Ende eines Lebens bringt ein neues Leben hervor. Durch Kunst entsteht die Möglichkeit einer neuen, positiven Erzählung. Das Finden von Wegen der Reparation bedeutet das Erfinden einer neuen Mentalität. Tobes Beitrag lädt alle dazu ein, an sich selbst zu arbeiten. Die Reparation muss zunächst auf der individuellen Ebene beginnen, um von dort aus zu einer gemeinschaftlichen Bewegung zu werden, denn wir alle müssen heilen, in dem Bewusstsein, dass dieser Prozess schmerzhaft sein kann. Der Weg der Reparation ist nicht einfach, aber jemand muss anfangen, ihn zu gehen.

GÉRALDINE TOBE
CURRICULUM VITAE

Géraldine Tobe Mutumande wurde 1992 in Kinshasa, Hauptstadt der der Demokratischen Republik Kongo, geboren, wo sie lebt und arbeitet. 2012 schloss sie ihr Studium an der dortigen Académie des Beaux-Arts ab. Seit 2014 ist die Künstlerin auf einer Reise, die Spiritualität ihrer Vorfahr:innen zu ergründen, die sie zur Versöhnung mit sich selbst und mehr Resilienz führte. Nachdem sie sich 2019 als Artist in Residence am Königlichen Museum für Zentralafrika (Brüssel) mit der spirituellen Identität ihrer Vorfahr:innen befasst hatte, entschied sie, diese Arbeit zu einem gemeinschaftlichen Projekt zu machen, das sie „Esprit des ancêtres“ – Geist der Vorfahren – nennt. Außerdem ist sie die Initiatorin des Projekts „Handicap mental“, eine Reihe von kunsttherapeutischen Workshops mit Patient:innen im psychiatrischen Umfeld in Kinshasa. Sie ist zudem Gründerin der Struktur „LOBOKO YA SANSA“. Schwarzer Rauch steht im Zentrum von Géraldine Tobes Arbeit und verbildlicht eine Introspektion, eine Reise ins Innere. Die Künstlerin versucht, den Rauch zu bändigen, indem sie ihn nach ihrem Willen und ästhetischen Empfinden formt.

© Jörg Pütz