Martina Heßler hat unlängst ihr Buch Sisyphos im Maschinenraum veröffentlicht.1 Das Buch liest sich mit erstaunlicher Leichtigkeit, ohne dass seine gedankliche Substanz dadurch an Gewicht verlöre. Ich möchte jeder interessierten Person, die die Idee berührt und möglicherweise beunruhigt, der Mensch könne im Angesicht der Maschine ein fehlerhafter sein, die Lektüre dieses Buches empfehlen.

Martina Heßler schreibt über die Frage, wie, warum und in welcher Weise sich Menschen im Vergleich mit ihren Maschinen als fehlerhaft begriffen haben. Sie thematisiert umgekehrt auch, wie ab einem bestimmten Zeitpunkt die Maschinen selbst als fehlerhaft galten und wie sich ein Spiel entfaltete, in dem die Maschinen abwechselnd als überlegen wahrgenommen und dann wieder abgewertet wurden. Dass jedoch Menschen sich überhaupt als „fehlerhaft“ begriffen haben, wird durch diese Geschichte ihrer angenommenen Fehlerhaftigkeit zu einer historisch kontingenten Tatsache: Doch wir könnten uns auch andere Selbstbeschreibungen vorstellen, in denen der Mensch nicht in dieser Weise erscheint – ein Beitrag zur Reflexion mängelbezogener Vorstellungen des Menschen.

Der erste Impuls geht bereits vom Untertitel des Buches aus. „Eine Geschichte der Fehlbarkeit von Mensch und Technologie“ erinnert daran, dass „Fehlbarkeit“ eine historische Vorstellung von etwas ist (Menschen, Göttern, Maschinen, Tieren) und dass wir nicht unausweichlich auf diese Kategorie festgelegt sind. Der Mensch ist laut Heßler dreifach fehlerhaft: moralisch, kognitiv und körperlich, gemessen an seinen eigenen Idealbildern, die er in unterschiedlichen Projektionen verdichtete. Die Maschine ist ein Sonderfall solcher Projektionen, da im Unterschied zu anderen Idealbildern (etwa Göttern) bei den Maschinen deutlich ist, dass sie von Menschen erschaffen werden. Der Philosoph Günther Anders, der für das Buch eine tragende Rolle spielt, fasste dieses Erlebnis der Unterlegenheit gegenüber den eigenen Hervorbringungen einmal so zusammen, dass wir „mit dem schlechten Gewissen der Antiquiertheit“, „wie verstörte Saurier zwischen unseren Geräten einfach herumlungern“.2

Das Bewusstsein eines solchen fehlerhaften Menschen lässt sich als das eines beständigen Gekränktseins beschreiben. Die Menschen beließen es jedoch nicht dabei, sich die eigene Fehlerhaftigkeit von Ingenieuren, Philosophen und Theologen vorbeten zu lassen. Sie setzten sich dagegen auf unterschiedlichste Art zur Wehr. Sich selbst als Spezies als konstitutiv fehlerhaft zu sehen, muss schließlich in irgendeiner Weise als eine Kränkung empfunden worden sein – denn der Begriff „Fehler“ (der, wie ich aus Heßlers Buch gelernt habe, aus dem Zielschießen des 16. Jahrhunderts stammt, als Gegensatz von „Treffer“) ist von Beginn an mit einem kränkenden Vorhof der Assoziation verknüpft: Unzulänglichkeit, Unaufmerksamkeit, moralische Verworfenheit, Schwächlichkeit. Kann man sich Menschen – eine ganze Spezies vorstellen, die sich gegen solche Anwürfe nicht in Verteidigungsstellung brächte?

Und in der Tat macht Heßler in ihrem Buch verschiedene Strategien aus, die allesamt denselben Zweck haben: Sie sollen uns darüber trösten, davon überzeugen oder an unseren Glauben appellieren, dass der Mensch im Vergleich mit der Maschine nicht zu einem trostlosen Dasein als ewiger Zweiter verdammt gewesen sein wird, dass der Mensch seinen richtigen Platz in der Ordnung der Welt habe. Die weichen, federlosen Zweibeiner fanden immer wieder – fehlerhafte – Arten, sich gegen die harten, starken und emsigen Maschinen zur Wehr zu setzen.

Am bekanntesten sind vielleicht Philosophien, die darlegen, warum die weit überlegenen und nie ermüdenden Fähigkeiten der Maschinen, zu rechnen oder zu fertigen (wie die emsigen Webmaschinen des 18. Jahrhunderts), keinesfalls den Vorrang der Menschen infrage stellen. Diese philosophischen Entwürfe illustrieren, dass die überwältigend starken und arbeitsamen Maschinen durchaus die Vorrangstellung des Menschen in Zweifel ziehen – aus welchem anderen Grund sollte sich sonst die Mühe auszahlen, kunstvolle argumentative Geflechte zu knüpfen, die einzig den Zweck haben, Netz und doppelten Boden für die Aussage zu bereiten, dass der Mensch nicht minderwertig sei, auch wenn es einen Wimpernschlag lang so scheinen könnte. Diesen ganzen Bereich an menschlichen Verhaltensweisen, sich zur befürchteten Überlegenheit der Maschine zu verhalten, müssen wir damit unter die Praktiken der Reparation rechnen. Sie sollen dem Menschen Beruhigung angesichts der beunruhigenden Möglichkeit seiner Antiquiertheit verschaffen.

Solche Praktiken sind konstitutiv unbefriedigend, denn sie werden niemals den nagenden Zweifel beseitigen können, dass die Maschinen am Ende doch überlegen sind oder überlegen sein werden. Sie werden genau dann erforderlich, wenn Menschen sich mit von ihnen unerreichbaren Idealen messen, die sie bisweilen in Vorstellungen von Maschinen verdichten, auch wenn selbst die Maschinen den ihnen zugeschriebenen Idealen selten gerecht werden (auch sie „machen Fehler“). Menschen haben sich als ethisch, körperlich oder kognitiv fehlerhafte Wesen verstanden, wenn sie sich im Geiste neben die von ihnen selbst imaginierten besseren oder sogar idealen Maschinen stellten. Dieses teils imaginäre, teils reale Unterlegenheitsbild des Menschen im Vergleich mit der Maschine trifft sowohl den menschlichen Körper als auch seinen Geist und sein ethisches Verhalten. Heßler berichtet etwa, wie auf dem Kongress des Chaos Computer Club im Jahr 2010 eine junge Frau ihren Körper als „biologischen Schrott“ begriff. Offenkundig setzt eine derartige Vorstellung voraus, dass aus einer grundsätzlichen Unzufriedenheit mit den eigenen Möglichkeiten sowohl der Impuls zu ihrer Steigerung als auch das heimliche Zugeständnis erwächst, dass die ersehnte Vollkommenheit letztlich unerreichbar bleibt.

Dieser letztlich unstillbare Drang nach Steigerung ist für Heßler Teil einer „mechanischen Moderne“, „in der gesellschaftliche Ordnungsvorstellungen, Erwartungen und Werte dem Modell einer mechanischen Maschine entsprachen“.3 Die Grundkonstellation, die den im Angesicht eines Maschinenphantasmas fehlerhaften Menschen und, später, die fehlerhafte Maschine denkmöglich machte, scheint auf die letztlich in der westlichen Aufklärung verankerte Idee der Möglichkeit zu verweisen, die Welt nach festen und objektiven Regeln zu ordnen und stetig zu verbessern. Regelhaftigkeit, Fortschritt und Unzufriedenheit mit der defizitären Jetzt-Zeit machen den Kern dieser Entwicklungslogik aus, die im jüngeren Hype um die Anwendung neuartiger Technologien der Künstlichen Intelligenz einen neuen Ausdruck findet.

Heßler zeichnet am Schluss ihres Buches nach, wie durch die Entwicklungen der KI-Forschung und ihrer technologischen Anwendungen neuartige Maschinen realisiert werden. Der Kybernetiker Heinz von Foerster habe solche Maschinen „nicht-triviale Maschinen“ genannt, insofern sie von der Vorstellung der Regelhaftigkeit, Verstehbarkeit und Voraussagbarkeit abwichen.4 Im Unterschied zu den klassischen Maschinen lerne Künstliche Intelligenz, entwickele sich weiter, sie passe sich individuell an ein Gegenüber an, sei nicht vorhersehbar und stelle selbst für ihre Entwickler:innen eine black box dar.5

Nachdem der Mensch sich im Zeitalter der von Heßler skizzierten „mechanischen Moderne“ vergeblich mit einem Maschinenideal von Regelhaftigkeit und Vorhersagbarkeit gemessen hatte, wandelt sich somit der Stil menschlicher Unzulänglichkeit, ohne dass sich ihr Ausmaß änderte. Der Mensch der Maschinenwelt, den Günther Anders einmal einen „Objekthirten“ genannt hatte, ist möglicherweise noch einen weiteren Schritt von seinen technischen Artefakten abgerückt, die er noch weniger als zuvor verstehen kann, so wenig, dass er sich zunehmend menschlicher Vorstellungen bedienen muss, um ihr Verhalten begrifflich zu fassen: Die KI „irrt sich“, sie „ist höflich“ oder „unhöflich“.

Im Register unserer Selbstbeschreibung vollzieht sich ein Wandel, dessen transhumanistische Dimensionen eine Vielzahl kultureller Formen – Serien, Romane, Theaterstücke – aufgreifen, verarbeiten und weiterdenken. Heßlers interessantes Buch hat mich dazu angeregt, über neue und weniger defizitorientierte Vorstellungen vom Menschsein nachzudenken, in dem der Mensch nicht verbessert, optimiert oder einem unerreichbaren Ideal angepasst werden muss. Das wäre zumindest eine wünschenswerte Modifikation der Idee des Menschseins, das in einer Welt, die durch Fortschritt an den Rand der Zukunftsfähigkeit gebracht wurde, angenehm unoptimiert bliebe.

Laurens Schlicht


1. Martina Heßler: Sisyphos im Maschinenraum: Eine Geschichte der Fehlbarkeit von Mensch und Technologie. München: Beck, 2025.
2. Günther Anders: Die Antiquiertheit des Menschen 1: Über die Seele im Zeitalter der zweiten industriellen Revolution. München: Beck, 2002 [1956], 16.
3. Ebd., 228–229.
4. Ebd., 198.
5. Ebd., 198–199.


Laurens Schlicht: „Der Mensch als biologischer Schrott.“ The Reparation Blog, 25. Juli 2025, https://cure.uni-saarland.de/mediathek/blog/der-mensch-als-biologischer-schrott/.


© Jörg Pütz

Dr. Laurens Schlicht

Laurens Schlicht ist wissenschaftlicher Programmleiter für den Bereich Natur am Käte Hamburger Kolleg CURE. Er hat Philosophie und Geschichte an den Universitäten Magdeburg und Frankfurt am Main studiert. Anschließend arbeitete er in verschiedenen interdisziplinären Kontexten, am Kunsthistorischen Institut in Florenz – Max-Planck-Institut, der Doktorandenschule Laboratorium Aufklärung (Jena), dem Deutschen Historischen Institut (Paris), dem Team Wissenschaftsgeschichte (Universität Frankfurt am Main), und dem Institut für Kulturwissenschaft (HU Berlin). Zuletzt war er in professoraler Vertretung von Markus Messling am Institut für Romanische und Allgemeine Literatur- und Kulturwissenschaft (Universität des Saarlandes) tätig.